Streik bei Schär & Trojahn in Niederwangen BE
Büezer stehen vor dem Nichts – trotz vollen Auftragsbüchern

Schock kurz vor dem Zahltag: Für die Büezerinnen und Büezer des Natursteinbetriebs Schär & Trojahn gibt es keine Löhne mehr. Während sich zwei Verwaltungsräte aus der Affäre ziehen, streiken die Büezer.

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EINE BELEGSCHAFT IM STREIK: Die Büezerinnen und Büezer wehren sich gegen die Herren, die das Unternehmen in den Abgrund gewirtschaftet haben. Auf dem Foto, das sie hochhalten, ist der verstorbene Patron Rolf Trojahn zu sehen, der sich stets für seine Belegschaft eingesetzt hatte. (Foto: Manu Friederich)

Grüezi. Aufgrund von ausstehenden Lohnzahlungen befindet sich die ganze Belegschaft heute im Streik.

So der Telefonbeantworter der Firma Schär & Trojahn am Freitag, 26. September. Der Grund: Die Belegschaft hat diese Woche erfahren, dass ihre Löhne nicht bezahlt werden und dass ihre Bude praktisch vor dem Aus steht, trotz sehr guter Auftragslage. Deshalb tritt die Belegschaft in den Streik. Dafür meisseln die Büezer extra zwei Grabsteine für ihre Firma. Als «Geschenk» für Beat Zaugg und Marc Hagmann. Der Architekt und der Treuhänder waren bis am 15. September Präsident und Vize im Verwaltungsrat.

SYMBOLISCH: Ein Grabstein für das Traditionsunternehmen. (Foto: dak)

Freitag, 7.00 Uhr.  Der Fall ist klar: In dieser Bude wird heute gestreikt! Alle sind sind da. Die gesamte Belegschaft bestehend aus rund 40 Personen. Bei den Büezerinnen und Büezern sitzt der Schock tief, viele sind den Tränen nahe. Der Traditionsbetrieb in Niederwangen BE ist für viele nicht nur eine Arbeitsstelle. Praktisch alle sind langjährige Mitarbeiter. Ganze Familien arbeiten für den Betrieb und stehen auf einen Schlag vor einer Situation, die ihre Existenz bedroht. «Dass die Firma pleite ist, hat alle geschockt. Unsere Auftragsbücher sind voll!», sagt ein Büezer zu work.

WIE WEITER? Die Mitarbeitenden besprechen mit der Unia das weitere Vorgehen. (Foto: Manu Friederich)

Während die letzten Bürolisten sich um Anrufbeantworter und Abwesenheitsmelder kümmern, schmücken die Arbeiter das Fabrikareal mit Transpis und Fahnen. Nach einer kurzen Kaffeepause ist es an der Zeit, Zaugg und Hagmann zur Rede zu stellen. 

UNÜBERSEHBAR: Die Mitarbeiter schmücken das Areal mit Transpis und Fahnen. (Foto: Manu Friederich)

Zaugg und Hagmann drücken sich

Mit den Grabsteinen im Gepäck geht’s zuerst zum Büro von Beat Zaugg. Er ist Architekt und sass gemeinsam mit Kollege Marc Hagmann im Verwaltungsrat. Nur 10 Tage nach dem Rücktritt der beiden Herren steht die Firma vor dem Aus. Das lassen die Büezer nicht auf sich sitzen! Vor Zauggs Büro machen sie Lärm und rufen ihn zu Verhandlungen auf. Nach einem hektischen Hin und Her zeigt er sich bereit, mit den Büezern zusammenzusitzen. Eine Einigung kommt aber nicht zustande. Zaugg lässt die Belegschaft in quälender Unsicherheit warten. 

ARCHITEKT MIT HUND: Beat Zaugg zeigte sich kurz der Belegschaft, eine Einigung gab es aber nicht. (Foto: dak)

Weiter geht’s zum Treuhänder Marc Hagmann, der zweite Firmen-Grabstein ist für ihn bestimmt. Doch er ist in seinem Büro nicht anzutreffen. Die Angestellten seines Treuhandbüros teilen mit, er sei in den Ferien. «Sünnele», aber die Büezer im Regen stehen lassen!

MARC HAGMANN IST NICHT DA: Der Treuhänder sei in den Ferien. (Foto: dak)

Für die Belegschaft ist dieser Streiktag von grosser Bedeutung. Ihnen geht es nicht nur um ihren Lohn und um ihre Stelle, sondern um den Betrieb. Salvatore Calabretta (52) arbeitet schon sein halbes Leben hier. Zu work sagt er:

Mein Vater hat hier in der Fabrik gebüezt, meine Mutter war lange die Putzfrau der Firma. Dieser Betrieb ist Teil von mir.

Die Belegschaft wird am Montag gemeinsam mit der Unia das weitere Vorgehen planen.  

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