Schweizerischer Lohnindex
So schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Baulöhne sind gesunken

Nach drei Jahren mit Reallohnverlusten ging es 2024 für die meisten Berufe endlich wieder aufwärts. Nicht aber im Bau. Der SGB zieht sogar die schlechteste Bilanz seit dem Zweiten Weltkrieg.

DIE PRODUKTIVITÄT STEIGT, DIE LÖHNE SINKEN: Den Baubüezern bleibt immer weniger Geld zum Leben. (Montage: work)

Immer im Frühling publiziert das Bundesamt für Statistik (BfS) seinen Schweizerischen Lohnindex. Er zeigt an, wie sich die Nominallöhne der verschiedenen Branchen gegenüber dem Vorjahr verändert haben. Und noch spannender: Er offenbart auch die Reallohnentwicklung, also die teuerungsbereinigte Kaufkraft der Arbeitenden. Fazit für 2024: Auf dem Papier sind die Schweizer Löhne um 1,8 Prozent gestiegen, doch real bleibt wegen der Jahresteuerung von 1,1 Prozent nur ein Plus von 0,7 Prozent übrig. Und: Die Kranken­kassenprämien sind im Teuerungsindex nicht berücksichtigt!

Eine solche Entwicklung ist für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) «ungenügend». Zumal in den ­vorangegangenen drei Jahren die Reallöhne sogar gesunken sind. ­Dabei müss­­ten die Reallöhne ­im Einklang mit der Arbeitsproduktivität steigen. Und diese erhöhe sich in der Schweiz um rund 1 Prozent pro Jahr. Doch heute seien die Reallöhne nur minim höher als 2015. Der SGB bilanziert:

Eine so schlechte Lohnbilanz gab es in der Geschichte des Lohnindexes seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie.

Erfreulich sei immerhin, dass die Löhne der Frauen stärker gestiegen seien und ihr Lohnrückstand damit abgenommen habe.

Gleichzeitig unterstreiche der Lohn­index die Arbeit der Gewerkschaften. Denn dort, wo diese Gesamtarbeitsverträge durchsetzten, seien die Löhne um 2,1 Prozent gestiegen, also höher als im Landesdurchschnitt.

Meister tricksen mit Statistik

Dass aber GAV alleine noch keine anständige Lohnentwicklung garantieren, zeigt der Bau. Er gehört laut BfS zu den wenigen Branchen, in denen die Reallöhne 2024 gesunken sind – nämlich um 0,3 Prozent. Zwar betrachtet das BfS das Bauhaupt- und das Baunebengewerbe nicht gesondert. Doch es war der Verband des Bauhauptgewerbes (SBV), der im Herbst 2023 die Lohnverhandlungen einseitig abgebrochen hat. Und sich später damit brüstete, die Firmen hätten die Löhne dennoch «deutlich» angehoben. Konkret per 2024 um 1,1 Prozent. Was der SBV dabei tunlichst verschwieg: 2023 lag die Jahresteuerung bei 2,1 Prozent, also deutlich über der behaupteten Lohnerhöhung. Überhaupt sind an der SBV-Darstellung Zweifel angebracht. Nico Lutz, Unia-Sektorleiter Bau, sagt:

Der SBV überschätzt die Lohnentwicklung sys­tematisch, weil er nur Mitgliedsfirmen befragt und daher die ganzen Subunternehmer oft und die Temporärbeschäftigten ganz draussen bleiben.

IST ALARMIERT: Unia-Sektorleiter Bau Nico Lutz. (Foto: Unia)

Doch auch die SBV-Zahlen zeigen eines deutlich: Sogar unter den Verbandsfirmen gibt es sehr viele, die nur dann mehr zahlen, wenn sie dazu gezwungen werden. So hat auf dieses Jahr jede dritte Mitgliedsfirma ihre Löhne um nur 1,4 Prozent erhöht, also just um das Minimum, das die Gewerkschaften durchsetzen konnten. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund jedenfalls warnt:

Für die Bauarbeiter ist die Lohnentwicklung desolat. Die Löhne im Bau stagnieren seit zehn Jahren.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.