Zeit für Widerstand
Es war ein «Blick»-Artikel, wohl eher ein Werbespot über eine Beauty-Klinik für Männer. Sie scheint zu laufen wie geschmiert (Haartransplantationen, Botox, das ganze Programm).

Ich kann’s nicht glauben: Der Spinner hat gewonnen. Und jetzt? Schagge sagte: «Jetzt fahren wir aufs Land!» Als sie meinen zweifelnden Blick sah, sagte sie: «Back to the roots und Meringue essen.» Ich liebe Meringue. Wir sind mit einem Mobility aufs Land gefahren, um mit echten Urschweizern zu reden und wegen der Meringue. Wir fanden sie im «White Horse» (ehemals «Rössli»). Die sieben Männer am Stammtisch sagten, sie hätten auch Trump gewählt, wenn sie Amerikaner wären. Der packe wenigstens richtig an (meinten sie die Frauen, die Trump gegen ihren Willen an der intimsten Stelle gepackt hatte?). Der sage endlich mal, was alle denken (dass Ausländer Katzen und Hunde essen?), der werde so was von Aufräumen mit all den Migranten (ah genau, weil ja so viele Schweizer in der Pflege, auf dem Bau, in der Gastro und beim Abfall schaffen möchten). Der rede nicht nur, der handle (yeah, er schafft endlich das blöde Bildungsministerium ab! Bloss keine Bildung mehr, sonst könnten die Leute noch das mit der Gewaltenteilung lernen).
Ausserdem käme er bei Wirtschaft extrem gut draus (ja, drum hat er so viele Firmen in den Konkurs geritten). Er habe sehr einflussreiche Freunde (zum Beispiel den anderen Spinner, Elon Musk). Trump werde dafür sorgen, dass die Leute wieder von ihrer Arbeit leben können (aber sicher, als Milliardär interessiert er sich bestimmt ernsthaft für die Löhne der einfachen Leute). Er werde den Krieg in der Ukraine subito beenden (yes, es wäre sowieso besser, wenn es nur noch Russland und Amerika gäbe statt all die komischen Länder wie Finnland, Ukraine, Schweiz und so). Es werde endlich wieder nur zwei Geschlechter geben (genau, nämlich echte Männer und falsche!), und der Klimawandel höre dann sofort auf (draussen schneite es wunderschön). Man könnte Autobahnen ausbauen und den ganzen Tag Fleisch essen (ich bekam Hunger). Man könne endlich wieder laut «Schlampe» sagen, ohne deswegen blöd angeschaut zu werden (ich schaute blöd). Man sei einfach wieder freier (ausser natürlich die Frauen, die nicht mehr abtreiben dürfen), und jeder könne eine Waffe haben. Einfach so.
An dieser Stelle des «Trump-Gebetes» legte einer der Urschweizer feierlich sein Sturmgewehr auf den Tisch und grinste. Ich dachte, shit, gleich wird er uns Öko-Schlampen erschiessen. Schagge schwitzte. Da kam die Wirtin ganz langsam zum Tisch, packte das Gewehr und sagte: «So, Buebe, jetzt längt’s! Erstens keine Gewehre im ‹Rössli›! Zweitens fertig mit dem dumme Gschnurr! Die Welt wird sicher nicht besser mit Duble wie Trump und Putin. Drittens: Rolf, ab i d Chuchi, zwei Meringue, bitte, extra large.» Sie zwinkerte uns zu. Die Männer zottelten murrend ab, und ich dachte: Es braucht einfach mehr Wirtinnen auf dieser Welt. Und Meringue!
Sandra Künzi lebt und büglet in Bern. Sie mag Jassen, Schafe, Feuer und Bier. Zurzeit ist sie freiwillige, nicht ganz unabhängige Beobachterin des Wahlkampfes in den USA. Direkt aus dem Schweizer Wohnzimmer.