Baubranche feiert 5 Jahre ISAB

Ein Register gegen Lumpenbuden

Jonas Komposch

Mit dem Informationssystem Allianz Bau (ISAB) haben sich die Sozialpartner 2019 eine potente Waffe gegen Dumping und Schwarzarbeit geschmiedet. Doch ISAB-Geschäftsführer Sascha Haltinner (43) will noch mehr. Ein Jubiläumsinterview.

ISAB-KARTEN: Damit können sich Baubüezerinnen und -büezer bei Kontrollen ausweisen. Rund 20’000 Stück sind im Umlauf. (Foto: zvg)

work: Herr Haltinner, Sie feiern heute fünf Jahre ISAB. Gratuliere! Aber was ist dieses ISAB überhaupt, und wie funktioniert es?
Sascha Haltinner: Das Informationssystem Allianz Bau (ISAB) ist ein Kontrollinstrument, das die Sozialpartner der Baubranche gemeinsam entwickelt haben. Es beruht hauptsächlich auf Informationen aus dem Vollzug der Gesamtarbeitsverträge (GAV), also aus der tagtäglichen Kontrolltätigkeit der paritätischen Kommissionen. Mit ein paar Klicks auf unserem Portal sehen Bauherren und Vergabestellen sofort, ob eine Firma «sauber» ist, ob sie also den Gesamtarbeitsvertrag einhält und die Sozialversicherungsabgaben korrekt entrichtet.

Tönt super! Aber wird das auch genutzt?
Durchaus. Wir sind im März 2019 mit 1000 registrierten Firmen gestartet und knapp 3000 Abfragen. Heute verfügt ISAB über detaillierte Informationen zu über 40 000 Firmen. Und bis im Februar 2024 haben wir bereits 54 000 Abrufe von ISAB-Bescheinigungen gezählt. Auch bei den angeschlossenen Branchen sind wir sehr gewachsen. Abgesehen vom Schreinereigewerbe sind heute praktisch alle Bauberufe dabei. Die Branchen wollen mit ISAB wirklich etwas verändern.

Und wie lautet Ihre Zwischenbilanz nach fünf Jahren? Spürt man auf dem Bau bereits eine Verbesserung?
Die Rückmeldungen der Bauherren sind durchaus positiv. Ihre anfängliche Befürchtung, dass mit ISAB die Baukosten steigen, ist nicht eingetroffen. Sie sind im Gegenteil froh, dass ihr Geld immer weniger an dubiose Firmen abfliesst.

ISAB-Geschäftsführer Sascha Haltinner. (Foto: zvg)

Und sonst?
Sehr wichtig ist auch ein neuer Artikel im Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe. Er besagt, dass ein Hauptbetrieb einen Auftrag nicht an einen Zweitbetrieb weitergeben darf, wenn dieser im ISAB mit GAV-Verfehlungen auftaucht. Dieser Artikel ist zwar nicht allgemeinverbindlich, gilt also nur für Verbandsfirmen. Doch das sind meistens die grossen Bauunternehmen – und diese müssen daher ihre Subunternehmen prüfen.

ISAB gibt auch Karten ab, mit denen sich Büezerinnen und Büezer bei einer Baustellenkontrolle ausweisen können. Die Kontrolleure sehen so, ob die Firma die Mindestarbeitsbedingungen einhält. Wie viele Karten sind derzeit im Umlauf?
Rund 20 000.

Das ist aber noch nicht die Welt!
Ja, aber obligatorisch können wir die Karten nicht machen, zumindest noch nicht. Und trotzdem werden es laufend mehr. Denn immer mehr Bauherren und Generalunternehmer verlangen von ihren Partnerfirmen, dass sie ihre Mitarbeitenden mit ISAB-Karten ausrüsten.

Im Kanton Bern ist seit 2022 ein ISAB-Nachweis obligatorisch für Firmen, die öffentliche Bauten ausführen wollen. Sonst aber noch nirgends. Warum nicht?
Viele staatliche Instanzen sind leider noch etwas träge unterwegs. Oft wird eine GAV-Bescheinigung verlangt, aber nicht nach ISAB-Standard. Obwohl eigentlich alles für die Nutzung von ISAB spricht. Es ist einfach, effizient und schnell. Und zwar für Private wie für den Staat. Zudem haben wir im Bau ja schon länger die Solidarhaftung. Wenn Subunternehmer gegen Gesetze oder den GAV verstossen, kann letztlich auch der Erstunternehmer dafür haften. Er hat also ein Interesse daran, dass alles korrekt abläuft. ISAB ist hierfür die erste Adresse.

Trotzdem begnügen sich die Kantone im öffentlichen Vergabeverfahren zumeist mit Selbstdeklarationen der beauftragten Firmen. Was halten Sie davon?
(lacht) Papier ist sehr geduldig. Die Selbstdeklarationen sind oft nicht viel wert. Und ohne Kontrolle muss man schlicht glauben, was dasteht. Wir stellen jedenfalls fest: Wenn man genauer hinschaut, stimmt bei den Selbstdeklarationen vieles nicht.

Einige Kantone scheuen auch die Kosten von ISAB. Sind Sie so teuer?
Das ist völlig absurd, wir hören es aber leider immer wieder. ISAB bietet verschiedene Abos an. Beim kleinsten Angebot kostet eine Abfrage 5 Franken. Für 2000 Franken gibt es unbegrenzt Zugang. Das wird sich eine kantonale Behörde ja wohl noch leisten können! Zumal die Beamten mit ISAB viel Zeit und Nerven sparen könnten. Sie könnten die ISAB-Bescheinigung ohnehin auch gratis vom Bauunternehmen verlangen.

Hat ISAB auch für mich als Privatperson einen Nutzen?
Ja, ein Teil unserer Informationen ist sogar frei zugänglich wie ein Telefonbuch. Wenn Sie zum Beispiel eine Malerfirma buchen wollen, können Sie bei uns zuerst checken, ob die Firma überhaupt angemeldet und dem GAV unterstellt ist. Da fallen dann die luschen Buden bereits raus.

Schon vor ISAB gab es von anderen Anbietern ähnliche Kontrollregister und Ausweiskarten. Warum braucht es da noch ISAB?
Die anderen Karten basieren auf reiner Selbstdeklaration, waren regional begrenzt oder decken nur den Bereich der Schwarzarbeit ab. Sie zeigen also, ob die Sozialversicherungsbeiträge gezahlt wurden. Das kann die ISAB-Card auch. Doch wir liefern als einzige für die gesamte Schweiz zusätzlich Informationen über die Einhaltung der GAV. Wir versuchen, möglichst aus allen Quellen Informationen zu zentralisieren. ISAB vereinheitlicht die Standards auf nationalem Niveau. Ein Flickenteppich hilft niemandem. Einige der älteren Systeme konnten wir bereits ablösen, andere werden gerade integriert.


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