Argentinien: Protest gegen «Spalter» Milei

«Unser Land steht nicht zum Verkauf!»

Alejandro Jasinski*, Buenos Aires

Hunderttausende gingen am 24. Januar in Argentinien auf die Strasse. Der Protest richtet sich gegen die drakonischen und diktatorischen Gesetzesänderungen des ultraliberalen Präsidenten Javier Milei.

AUF DER STRASSE: 1,5 Millionen Menschen haben in Argentinien gegen die Pläne des Präsidenten protestiert. (Foto: Keystone)

Im ganzen Land waren Hunderttausende Menschen auf der Strasse. Besonders die Demonstration vor dem Nationalkongress war überwältigend. Die Menschen stellten klar: «Unser Land steht nicht zum Verkauf!» Der von den wichtigsten Gewerkschaftsverbänden des Landes ausgerufene Generalstreik hielt sich hingegen in Grenzen. Wofür steht diese Aktion der organisierten Arbeiterbewegung? Eine Einordung in fünf Punkten.

1) GENERALSTREIK FÜR 12 STUNDEN

Der Generalstreik dauerte für die meisten Gewerkschaften zwölf Stunden. Viele Geschäfte blieben geöffnet. In gewissen Bereichen konnte gar nicht gestreikt werden, weil in Argentinien Sommerferien sind. Zum Beispiel bei den Lehrpersonen.

2) 1,5 MILLIONEN MENSCHEN AUF DER STRASSE

Die Mobilisierung für die Protestkundgebungen auf den Strassen hingegen war sehr stark. Nach Angaben des grössten argentinischen Gewerkschaftsbundes CGT protestierten 1,5 Millionen Menschen. Auch im Ausland solidarisierten sich Hunderte in Städten wie Paris, Brüssel, Rom, Madrid.

3) EIN ZEICHEN GESETZT

Die Menschen wollten vor allem ein Zeichen setzen und zielten nicht darauf ab, der ohnehin kränkelnden Wirtschaft zu schaden. Der Protest richtete sich gegen die drei Massnahmenpakete der ultrarechten Regierung von Javier Milei. Diese hat die nationale Währung abgewertet und damit die Lebenshaltungskosten erhöht sowie einen Angriff auf die Arbeitnehmerrechte und die Gewerkschaften gestartet (work berichtete).

4) TAUBE REGIERUNG

Die Regierung stellte sich taub und spielte den Protest herunter. Sie hat eine starke Polizeikontrolle eingerichtet, konnte aber nicht verhindern, dass die Menschen die Strassen besetzten. Politisch glaubt sie, die Mobilisierung für sich nutzen zu können: Die Menschen auf den Strassen seien «Orks», also jene Menschen, die angeblich von dem Wirtschafts- und Sozialmodell profitieren, das die Regierung abschaffen will. Im Moment hat sie noch den Spielraum, diese Botschaft an die gesamte Bevölkerung zu richten, denn die grossen Medien unterstützen diese Argumentation. Der wichtigste Trend im sozialen Netzwerk X war am 24. Januar, am Tag des Generalstreiks in Argentinien: «Yo no paro», ich streike nicht. Obwohl das öffentliche Ansehen von Milei in den letzten Wochen gesunken ist (und weiter sinken wird, solange sich die Wirtschaft weiter verschlechtert), kann er sich immer noch der 56 Prozent der Wählerinnen und Wähler sicher sein, die ihn Ende 2023 ins Amt gewählt haben.

5) PARLAMENT MACHT WEITER

Das Parlament kümmert sich weiterhin um die umstrittenen Gesetzesänderungen von Milei. Insbesondere das «Omnibusgesetz» mit seinen 664 Artikeln. Es enthält starke diktatorischen Züge, verstösst gegen die wichtigsten Verfassungsbestimmungen und ändert Dutzende von Gesetzen.

Mileis despotischer Eigensinn leidet unter dem Steuerpaket, dem Kernstück seines Gesetzentwurfs. Und er klammert sich an einen Punkt: die Sondervollmachten, die für ein oder zwei Jahre gewährt würden. Damit könnte er die Gesetze doch noch einführen, die das Parlament jetzt ablehnt. Noch hat Milei die Oberhand, aber je schlechter es der Bevölkerung wirtschaftlich geht, desto schwieriger wird es für ihn. Persönliches Beispiel des Autors: Ich habe im Dezember 13 Gehaltspunkte verloren und werde diesen Monat wahrscheinlich weitere 10 verlieren.

*Alejandro Jasinski lebt in Buenos Aires. Er ist promovierter Historiker, Journalist und Gewerkschafter.


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