Jessica Schenker (15) über ihren ersten Monat in der Arbeitswelt:

Lehrstart geglückt!

Darija Knežević

Jessica Schenker (15) hat vor einem Monat ihre Lehre als Fachfrau Gesundheit angefangen. Mit work hat sie über ihre neuen Aufgaben gesprochen und darüber, was sie mit ihrem ersten Lohn machen will.

NAHE AM MENSCHEN: Nach dem Schnuppern wusste Jessica Schenker, dass sie in die Pflege möchte. (Foto: Matthias Luggen)

Wer selbst eine Lehre hinter sich hat, weiss: Der Anfang ist streng. Plötzlich drückt man nicht mehr nur die Schulbank, sondern ist fester Bestandteil eines Betriebs und lernt einen Beruf. Alles ist neu, man weiss nicht genau, was einen erwartet. So ist es auch für Jessica Schenker (15). Vor vier Wochen hat sie ihre Lehre als Fachfrau ­Gesundheit (FaGe) in einer Klinik bei Roth­rist AG gestartet. «Ich muss mich noch an den neuen Rhythmus gewöhnen mit Arbeit und Berufsschule», erzählt die 15jährige beim Treffen mit work.

An drei Tagen in der Woche ist sie im Betrieb, an zwei Tagen in der Berufsschule. «Bei der Arbeit stehe ich den ganzen Tag. Das ist neu für mich», sagt sie. Obwohl Schenker reitet und Eishockey spielt, ist für sie der Alltag in der Pflege auch körperlich streng. Doch Schenker ist zufrieden: «Ich bin gut in meine Lehre gestartet und darf schon ­einiges selber machen.» Ihr Lehrlingsbetrieb betreut unter anderem Mütter und ihre Babies im ­Wochenbett, da darf Schenker die Schoppen für ­­die  Neugeborenen selbst zubereiten. Das gehört zu ­ihren Lieblingsaufgaben.

Schon in der Lehre muss Schenker auch Nacht- und Wochenenddienste übernehmen.

SPAREN FÜR EISHOCKEY

Schenker verdient im ersten Lehrjahr 700 Franken pro Monat. Was sie damit machen will? «Ich würde mir gern ein neues Handy kaufen. Aber eigentlich wäre es am sinnvollsten zu sparen, zum Beispiel für mein teures Hobby Eishockey.» Für Schenker sind die 700 Franken viel Geld, aber «natürlich dürfte es schon mehr sein». Das fordert auch die Juso (siehe Box). Was auch mehr sein dürfte, sind Ferien: «Ich habe jetzt nur noch fünf Wochen Ferien, das wird schon eine grosse Umstellung.» Im zweiten Lehrjahr wird Schenker um die 900 Franken verdienen, und im dritten und letzten Ausbildungsjahr werden es 1300 Franken sein.

Als sie sich für die Lehre als Fachfrau Gesundheit entschied, war der Lehrlingslohn nicht der wichtigste Punkt. Die 15jährige wohnt weiterhin bei den Eltern und kann auf ihre finanzielle Unterstützung zählen. Sie hat sich für diesen Beruf entschieden, weil ihr bereits die Schnupperlehre ge­fallen hat. «Ich wusste, dass ich mit Menschen oder Tieren arbeiten will. Deshalb war ich interessiert an einer Lehre als Drogistin, als tiermedizinische Praxisassistentin oder als Fachfrau Gesundheit», sagt Schenker.

Dass es die Lehre als FaGe wurde, war eher Zufall: «Ich habe gesamthaft 13 Bewerbungen verschickt und zwei Zusagen für die Lehre als FaGe erhalten. Ich konnte also sogar aussuchen, wo ich die Lehre machen will.» Dass die Arbeit in der Pflege streng wird, ist sich Schenker bewusst. Bereits in der Lehre muss sie, sobald sie alt genug ist, Spät- und Nachtschichten machen sowie an Wochenenden aus­helfen. Ab 16 Jahren darf man maximal bis 22 Uhr arbeiten, sobald man volljährig ist, sind Nacht- und Wochenendschichten in Ausnahmefällen erlaubt (mehr Infos dazu hier). Für die 15jährige aber kein Grund, die Lehre nicht zu mögen: «Ich fühle mich wohl in meinem Betrieb und freue mich darauf, den Beruf zu er­lernen.»

JUSO fordert: Mindestlohn für alle Lernende

Die Lehrlingslöhne sind von Branche zu Branche teilweise massiv unterschiedlich: während ein Coiffeur im ersten Lehrjahr etwa 400 Franken verdient, hat eine Hotelfachfrau im ersten Lehrjahr 1000 Franken zur Verfügung. Für die Juso sind die grossen Unterschiede ein unhaltbarer Zustand, besonders weil Lernende, egal in welcher Branche, schon früh viel Verantwortung übernehmen müssen. Zusätzlich verlangen Betriebe immer mehr Leistung und ausserordentliche Bereitschaft von ihren Auszubildenden. Deshalb fordert die Jungpartei: bessere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Konkret ist die Rede von einem verbindlichen und branchenübergreifenden Mindestlohn von 1000 Franken im ersten Lehrjahr. Für Juso-Präsident Nicola Siegrist werden die tiefen Lehrlingslöhne nicht der geleisteten Arbeit gerecht. Lernende bleiben deshalb finanziell sehr abhängig von den Eltern. Zu work sagt er: «1000 Franken pro Monat bedeutet zwar nicht, dass die finanzielle Freiheit ausreichen würde, aber es würde sie erhöhen.» Besonders aufgrund der aktuellen Inflation ist ein branchenübergreifender Mindestlohn dringend nötig.

Denn laut Siegrist ist die Situation mit der aktuellen Teuerung belastend: «Auch Lernende haben tägliche Ausgaben. Wenn die regelmässigen Kosten für Krankenkassen, Miete und andere Ausgaben steigen, kann dies bedeuten, dass die Familien den Lernenden weniger bezahlen können oder dass jene Lernenden, welche die Kosten selbst tragen, weniger Geld zur Verfügung haben.» Weiter fordern die Jungsozialisten genügende Betreuung innerhalb der Lehrbetriebe und Anlaufstellen für Lernende. Alle Forderungen sind hier zu finden. (dak)

 


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