Diskriminierung:

«Müssen aktiv hinschauen!»

Darija Knežević

Wer sich gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz wehrt, braucht Mut und riskiert viel. Marie Saulnier Bloch, Unia-Migrationsexpertin, erklärt, was sich ­ändern muss.

Foto: ZVG

Das Beispiel von Djeneta Ramadani zeigt: Wer auf dem Arbeitsmarkt Diskriminierung erlebt, steht vor grossen Her­ausforderungen. Marie Saulnier Bloch, Fachsekretärin Migration bei der Gewerkschaft Unia, weiss: «Oft führt eine Diskriminierung zu einer nächsten, und so entsteht Mehrfachdiskriminierung. Die Diskriminierungen sind kumuliert und verschachtelt.»

Faktoren wie Geschlecht, Herkunft, Religion, Hautfarbe, Aufenthaltsstatus, Sexualität und vieles mehr können dazu führen, dass Menschen auf dem Arbeitsmarkt nicht fair behandelt werden. «Die ­Situation ist prekär, denn besonders Frauen sind solchen Diskriminierungserfahrungen häufig und schutzlos ausgesetzt», erklärt Saulnier Bloch.

Bei Migrantinnen spitzt sich die ­Situation aufgrund ihres Aufenthaltsstatus weiter zu. «Arbeiterinnen, die keinen Schweizer Pass haben oder sogar Sans-papiers sind, riskieren alles, wenn sie sich gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz wehren», sagt die Mi­grationsexpertin. Denn wer seine Arbeit verliert, kann im schlimmsten Fall sogar aus der Schweiz ausgewiesen werden – unabhängig vom Aufenthalts­status. Zumindest für Menschen, die sich seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz aufhalten, könnte es dank der parlamentarischen Initiative «Armut ist kein Verbrechen» nun aber etwas mehr Schutz geben (siehe Box).

AKTIV WERDEN. Im Kampf gegen Diskriminierung brauche es aktive Solidarität. «Wer Rassismus, Homofeindlichkeit und weitere Ausgrenzungen nicht toleriert, soll sich aktiv mit und für Betroffene einsetzen», sagt Marie Saulnier Bloch. Die Betroffenen befinden sich oft in Situationen, die viel Mut verlangen, sich gegen Ungerechtigkeit zu wehren.

Laut Saulnier Bloch ist es an den Gewerkschaften, Schulen, Chefs sowie den Kantonen und dem Staat, die Arbeitenden im Job zu schützen. «Wir dürfen die Augen nicht verschliessen! Es braucht einen Ruck durch die Gesellschaft und politische Veränderungen.»

Endlich: Mehr Schutz!

Am 12. Juni hat nach dem Nationalrat nun auch der Ständerat die parlamentarische Initiative «Armut ist kein Verbrechen» angenommen. Die Initiative von SP-Nationalrätin Samira Marti verlangt mehr Schutz für Migrantinnen und Migranten.
Konkret droht Personen, die keinen Schweizer Pass haben und aufgrund von Notsituationen Sozialhilfe beziehen müssen, keine Ausweisung mehr — sofern sie sich seit mindestens zehn Jahren in der Schweiz aufhalten.

BREITE ALLIANZ. Wenige Tage vor dem Entscheid hatten rund 80 Organisationen die gleichnamige Petition «Armut ist kein Verbrechen» mit fast 17 000 Unterschriften der Bundeskanzlei übergeben. Initiantin Marti: «Der Ständeratsentscheid ist wegweisend für alle Menschen, die sich in einer finanziellen Notsituation befinden.»


Diskriminierung am Arbeitsplatz: Hier gibt’s Hilfe

Wer Diskriminierung oder Rassismus am Arbeitsplatz erlebt, kann sich ­Unterstützung bei der ­Gewerkschaft Unia holen. Zudem bietet das Beratungsnetz für Rassismusopfer einen Zusammenschluss von 23 Beratungsstellen in der ganzen Schweiz.

RATGEBER. Weiter hat die Unia-Jugend einen aktuellen Ratgeber zum Thema Rassismus und Fremdenfeindlichkeit für Betroffene sowie solidarische Dritte erstellt. (dak)

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