Auf einen Schlag fehlten auf der Abrechnung 200 Arbeitsstunden:

Reiniger wehrt sich gegen Stundenklau – mit Erfolg!

Darija Knežević

Obwohl Reiniger Cristian Dreschler (46) seine Arbeit zuverlässig erledigt, häufen sich plötzlich Minusstunden. Dreschler verlangt vom Chef eine Erklärung und der Bschiss fliegt auf.

GROSSE ERLEICHTERUNG: Nach monatelangem Ringen erhält Reiniger Cristian Dreschler 4000 Franken Entschädigung. (Foto: Isabelle Haklar)

«Ich arbeite als Reiniger, weil mir der Beruf gefällt, die Aufgaben schnell gelernt sind und die Arbeit keine perfekten Deutschkenntnisse braucht», sagt Cristian Dreschler (46). Er spricht Portugiesisch, Englisch und Französisch – fürs Deutsch braucht er noch etwas Zeit. Obwohl der Beruf körperlich sehr anspruchsvoll ist, arbeitet er bereits viele Jahre als Reiniger. Doch bei seinem letzten Arbeitgeber wurde seine harte Arbeit nicht respektiert.

Im Gegenteil: Sein Chef begann plötzlich bei den Arbeitsstunden zu pfuschen. Dreschler putzte in der Nacht, in der Regel von 22 Uhr bis 6 Uhr. Im Team war er der einzige Festangestellte, seine Kolleginnen und Kollegen arbeiteten alle im Stundenlohn. Plötzlich bemerkte der 46jährige, dass Stunden fehlten.

Für den September erfasste Dreschlers Vorgesetzte keine einzige Arbeitsstunde.

TOTAL 500 MINUSSTUNDEN

Im Juni 2021 begann der Vorgesetzte von Dreschler, Arbeitsstunden nicht korrekt aufzuschreiben. Erst waren es einzelne Stunden: «An einem Tag habe ich wie immer 8 Stunden gearbeitet, aufgeschrieben wurden aber nur 5 Stunden.» Dagegen wehrte sich der Reiniger sofort, er machte seinen Chef auf die fehlenden Stunden aufmerksam. Doch nichts geschah.

Der Stundenklau ging weiter, bis der Vorgesetzte von Dreschler für den Monat September 2021 keine einzige Arbeitsstunde mehr erfasste. «Auf einen Schlag war ich mit etwa 200 Stunden im Minus», erinnert er sich. Dreschler hat bei seinem Chef immer wieder nachgehakt und verlangte die Anpassung. Doch noch immer reagierte die Putzfirma nicht.

Deshalb wandte sich das langjährige Unia-Mitglied Dreschler an den Rechtsdienst seiner Gewerkschaft. Zu diesem Zeitpunkt fehlten auf Dreschlers Konto etwa 300 Plusstunden. Rechnet man den fehlenden September dazu, klaffte auf dem Stundenkonto eine Lücke von fast 500 Arbeitsstunden. «Es ist sehr traurig, wenn man in diese Situation gerät», sagt er. Er sorgte sich um seinen Lohn und bekam Existenzängste.

work-Tipp: So wehren Sie sich

Aus den Ereignissen habe er gelernt, immer Ende Monat das Stundenblatt genau unter die Lupe zu nehmen, sagt Reiniger Dreschler. Und Dreschlers Unia-Rechtsberater, Sirius Kousadianos, sagt: «Wenn etwas mit den Stunden nicht stimmt, sollte man sich immer schriftlich – zum Beispiel per Mail – bei dem Vorgesetzten beschweren. So hat man im schlimmsten Fall auch schriftliche Beweismittel.» (dak)

STARKE BEWEISE

Sich zu wehren hat Dreschler Mut gekostet: «Doch gute Arbeit muss bezahlt werden.» Gegen den Pfusch hat er sich aber auch für seine Kolleginnen und Kollegen eingesetzt. «Vorgesetzte, die Stunden klauen, müssen daraus lernen», sagt der 46jährige.

Im vergangenen März traf der Reiniger vor der Schlichtungsbehörde auf seinen Arbeitgeber. Seine Forderungen waren klar: Dreschler muss für alle geleisteten Arbeitsstunden Lohn erhalten. Vor dem Friedensrichter zeigte er sein selbst aufgeschriebenes Stundenprotokoll. Zudem war klar, dass Dreschler immer dieselbe Nachtschicht von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens abarbeitet. Dass bei fixen Schichten weniger Stunden aufgeschrieben werden, ergab von Anfang an keinen Sinn. Diese Beweisstücke drängte Dreschlers Arbeitgeber in die Ecke. Denn ursprünglich wollte die Putzfirma keinen Rappen lockermachen. Vor dem Friedensrichter einigten sie sich auf eine Entschädigung von 4000 Franken. Das Geld hat der Reiniger vor wenigen Tagen erhalten.

ENDLICH ERNST GENOMMEN

Er ist sehr erleichtert und mit der Hilfe der Unia sehr zufrieden. «Ich habe mich beim Rechtsdienst bestens aufgehoben gefühlt. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass ich ernst genommen werde und mir hier wirklich geholfen wird», sagt der Reiniger.

Heute arbeitet Cristian Dreschler in einem anderen Betrieb, ebenfalls als Reiniger. «Anfangs hatte ich noch zwei Jobs, damit ich möglichst gut verdiene. Jetzt will ich mich aufs Deutschlernen fokussieren.»

3 Kommentare

  1. erich haller

    ich würde das nicht als erfolg werten! rechne: 4000 franken für 500 arbeitsstunden. für solch einen lohn würde ich nicht einmal die z’nünipause machen!

  2. Goran Trujic

    Ein Glück für den Reiniger, dass er Unia Mitglied war. Ohne den starken Rechtsschutz im Rücken hätte er sein Geld nie gesehen. Eigentlich sollten alle Arbeitnehmenden langsam wissen, dass nur wenn sie sich organisieren, im Falle eines Falles, etwas erreichen können. Alleine ist man in der Regel chancenlos.

    • André Albrecht

      Erfolg? Er hat zwar Geld bekommen, aber viel zu wenig.
      Wenn das mit den 500 h stimmt, hat er gerade mal 8.- CHF pro Stunde erhalten. so ein Arbeitgeber gehört bestraft. Immerhin hat er Hilfe von der Unia bekommen. Hätte man da nicht wesentlich mehr herausholen können.

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