Unia-Transportchef Roman Künzler über das Uber-Bundesgerichtsurteil:

«In drei Monaten müssen alle einen Arbeitsvertrag haben»

Christian Egg

Für Roman Künzler, Unia-Branchenleiter Transport, ist klar: Jetzt müssen die ­Behörden Uber dazu zwingen, sich an das Schweizer Arbeits­gesetz zu halten.

UNIA-TRANSPORTCHEF ROMAN KÜNZLER: «Der Fahrdienst Uber schuldet den Mitarbeitenden und der Allgemeinheit fast eine Milliarde Franken.» (Foto: Keystone)

work: Das Bundesgericht hat entschieden: Uber-Fahrerinnen und -Fahrer sind Angestellte. Wie geht es jetzt weiter?
Roman Künzler: Das Urteil bringt Klarheit. Uber hat seine Beschäftigten neun Jahre lang in die Schwarzarbeit gedrängt. Jetzt muss der Konzern allen in der Schweiz einen schriftlichen Arbeitsvertrag ausstellen und die Versäumnisse der Vergangenheit korrigieren. Also erstens den Fahrerinnen und Fahrern rückwirkend Löhne und Spesen zurückerstatten und zweitens den So­zialversicherungen die fehlenden ­Beiträge einzahlen. Zusammen schuldet Uber nach unseren Berechnungen den Mitarbeitenden und der Allgemeinheit fast eine Mil­liarde Franken.

Trotzdem will Uber nichts an seinem Modell ändern.
Das überrascht mich nicht. Die Kantone und auch der Bund müssen jetzt das Arbeitsgesetz auf Uber anwenden. Viele Verfahren wurden sistiert, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Jetzt ist das Urteil da, und die Behörden müssen diese Firma dazu zwingen, sich an die Schweizer Gesetze zu halten. Konkret verlangen wir, dass in spätestens drei Monaten alle Uber-Beschäftigten in der Schweiz einen schriftlichen Arbeitsvertrag be­kommen.

«Die Menschen könnten wieder arbeiten, ohne ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.»

Und was muss in diesem ­Arbeitsvertrag stehen?
Erstens ein anständiger Lohn. Für die Zentren wie Zürich und Genf ist das im Minimum der Genfer Mindestlohn von 23 Franken 27 pro Stunde. Zweitens im voraus geplante Einsätze wie in jedem anderen Betrieb auch. Und drittens muss die volle Präsenzzeit bezahlt werden, also auch allfällige Wartezeiten, wenn es zu wenig Aufträge gibt.

Was bedeutet das Urteil für die Transportbranche?
Im Taxigewerbe, aber auch bei den Food-Kurieren haben viele wegen Uber und Uber Eats einen grossen Teil ihres Einkommens verloren. Die können aufatmen, wenn jetzt dieser Entscheid durchgesetzt wird.

Uber hat bisher Preisdumping betrieben auf Kosten der Fahrerinnen und Fahrer, um den Markt zu erobern. Ohne die Schwarzarbeit von Uber würden die Transportpreise wieder eher den wahren Kosten entsprechen. Alle hätten gleich lange Spiesse. Das würde denjenigen Arbeitgebern zugute kommen, die ihre Mitarbeitenden korrekt ­behandeln. Damit besteht die Aussicht, dass es in dieser Branche wieder würdigere Arbeitsbedingungen gibt.

Auch der Essenslieferdienst Smood funktioniert nach dem gleichen Plattform-Prinzip wie Uber. Welche Folgen hat das Urteil auf den Arbeitskonflikt bei Smood?
Smood hat bisher Uber Eats stets als Ausrede vorgebracht: Weshalb sollen wir uns an die Regeln halten, solange Uber Eats das auch nicht tut? Das können sie nicht mehr sagen, wenn die Behörden Uber in die Pflicht nehmen.

Eine direkte Auswirkung hat das Urteil aber nicht, weil Smood ja bereits Arbeitsverträge hat – und trotzdem können die Fahrerinnen und Fahrer kaum von ihrer Arbeit leben. Das zeigt: Ein Arbeitsvertrag sorgt nicht automatisch für würdige Arbeit. Die Bedingungen müssen gut sein, das gilt für Smood und gilt für die neuen Uber-Verträge. Da steht uns noch viel Arbeit bevor.


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