Coop-Verkäuferin Regina Karich (49) freut sich über den neuen GAV:
«200 Franken mehr – da bin ich stolz drauf!»

Nach hartem Ringen steigen bei Coop die ­Mindestlöhne an. Schon das zweite Jahr hinter­einander! Und das ist noch nicht alles.

VERKÄUFERIN REGINA KARICH: «Gute GAV sind nicht nur finanziell wichtig, sondern auch für das Selbstvertrauen.» (Foto: Florian Bachmann)

Die 4000-Franken-Löhne sind bald Geschichte. So viel beträgt heute der Mindestlohn für Ungelernte bei Coop. Schon das war ein Erfolg: Nach jahrelangem Tauziehen zwischen Gewerkschaften und Grossverteiler willigte Coop schliesslich ein, keine Löhne mehr zu zahlen, die unter dieser Grenze liegen. Das war vor einem Jahr.

Jetzt folgt der nächste Schritt. Denn im neuen Gesamtarbeitsvertrag, auf den sich die Sozialpartner ge­einigt haben und der ab Januar gilt, steigen alle Mindestlöhne erneut. Am meisten für Ungelernte: Auf 4100 Franken. Das macht Detailhandelsfachfrau Regina Karich glücklich: «Das sind plus 200 Franken innert nur zwei Jahren. Ich bin stolz, dass wir das hingekriegt haben!»

Sie selber hat eine zweijährige Lehre im Detailhandel absolviert und erhält dafür derzeit exakt 4122 Franken brutto im Monat. Ab nächstem Jahr werden es mindestens 28 Franken mehr sein, denn der neue Mindestlohn in dieser Kategorie beträgt 4150 Franken. Der Mindestlohn nach dreijähriger Lehre von 4200 Franken gilt schon seit letztem Jahr und ist neu im GAV verankert.

Gute Mindestlöhne und ein GAV überhaupt, das sei nicht nur finanziell wichtig, sagt Coop-Verkäuferin Karich. Sondern auch fürs Selbstvertrauen: «Du weisst, du bist jemand. Du kannst aus der Lehre kommen und dem Chef sagen: Aber Sie, im GAV steht das so.»

Mit dem Anstieg der Mindestlöhne beteiligt Coop die Mitarbeitenden – zumindest teilweise – am opulenten Jahres­ergebnis. Im Corona-Jahr 2020 machte der Detailhandelsriese trotz ­eines leichten Umsatzrückgangs 539 Millionen Franken Gewinn und übertraf damit noch das Rekordergebnis vom Vorjahr.

Vom Himmel gefallen sind die GAV-Fortschritte trotzdem nicht. Anne Rubin hat für die Unia den Vertrag mitverhandelt und sagt: «Bis zur Einigung der Sozialpartner war es ein hartes Ringen.» Auch Verkäuferin Karich traf sich immer wieder mit ihren Kolleginnen in der Unia-Fachgruppe Coop und diskutierte die nächsten Schritte, Punkt für Punkt. Darunter auch die Entschädigung bei Mutterschaft.

«Es macht mich glücklich, dass
wir das hingekriegt haben!»

18 WOCHE FÜR ALLE MÜTTER

Da gab’s bei Coop schon bisher den vollen Lohn statt der gesetzlichen 80 Prozent, aber in den ersten zwei Dienstjahren nur während 14 Wochen, danach während 16 Wochen. Neu gibt’s für alle 18 Wochen Mutterschaftsurlaub zum vollen Lohn. «Spitze» findet das die 49jährige Karich, die bereits mit 22 Mutter wurde, als es noch gar keinen Mutterschaftsurlaub gab. «Das ist ein Sieg für alle jungen Frauen, die Mami werden.»

Mehr als ein Dutzend weitere Verbesserungen gibt es im neuen Coop-GAV. Unia-Mitglied Karich nennt zwei, die ihr wichtig sind: Neu gibt’s 15 Tage Adop­tionsurlaub, und mehr Eltern profitieren von finanziellen Beiträgen an die externe Kinderbetreuung. Bisher hatten nur Alleinerziehende Anspruch auf Unterstützung, neu sind es alle Eltern.

Ist Karich jetzt wunschlos glücklich bei Coop? Sie lacht und sagt, es gebe noch viel zu verbessern.

Lohnrunde: Keine Einigung

Es war eine lebhafte Diskussion und ein knappes Ergebnis: Am Schluss lehnte die Unia-Fachgruppe Coop das Lohnpaket des Grossverteilers für 2022 ab. Mit 10 zu 9 Stimmen.
Der Vorschlag von Coop war: Für alle Löhne bis 4400 Franken eine ­generelle Erhöhung von 40 Franken. Und zwei Drittel von denen, die davon nicht profitieren, bekommen ­individuelle Lohnerhöhungen.

UNGENÜGEND. Zwar begrüsste ein Teil der ­Delegierten, dass Coop erneut die tiefsten Löhne mit einer generellen Lohnerhöhung verbessern will. 40 Franken seien aber nicht genug,
so die knappe Mehrheit. Unia-Frau Anne Rubin: «Im Jahr zwei der ­Pandemie versorgen die Mitarbeitenden die Bevölkerung weiterhin unter sehr schweren Bedingungen. Mit dem Angebot von Coop fühlen sich die ­Delegierten in ihrer Arbeit zu wenig ­anerkannt.»

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