Immo-Hai Daniel Bächtold wollte work verklagen, während er im Badeurlaub auf den Malediven weilte. Jetzt interessiert sich aber die St. Galler Staatsanwaltschaft für ihn.
DANIEL BÄCHTOLD: Faktischer Herrscher über ein Imperium von Briefkasten- und Baufirmen, zurzeit hinter Gittern. (Illu: ninotchka.ch)
Knall auf Fall 30 Baubüezer und Büroangestellte schassen, dabei nicht einmal ihre verdienten Löhne zahlen. Dann der Unia mit Drohgebärden aufwarten, weil sie sich für die Geprellten einsetzt. Zeitgleich die Bude bankrottgehen lassen, sich so der Schulden entledigen und das Ganze mit einer neuen Firma wiederholen. Schliesslich noch work vor Gericht zerren, die Zeitung, die das gesamte Trauerspiel schonungslos ans Licht brachte.
So fuhrwerkt Daniel Bächtold (63), Immobilienhai aus dem St. Galler Rheintal. In der Branche ist er bekannt als Schlüsselfigur in einem verworrenen Firmenkonglomerat für Immobiliengeschäfte. Und als faktischer Herrscher über zahllose Briefkasten- und Baufirmen. Viele davon wechseln Namen und Sitz so häufig, dass Gläubiger bald verzweifeln. Und Behörden leicht den Überblick verlieren. Denn auch die Verwaltungsratssitze werden immer wieder mit neuen Strohmännern besetzt. Bächtold selbst gibt sich dabei stets nur als «Aktionär» oder als «Berater», also als jemand, der ohne Geschäftsverantwortung tätig sei. Doch mit solchen Gaunereien dürfte nun Schluss sein.
«Der Grossteil der Covid-19-Kredite ist verschwunden.»
ABFLUG VOR ANZEIGE
Denn seit bald drei Monaten sitzt Bächtold in Auslieferungshaft – und zwar in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Dorthin hatte sich der St. Galler schon im Dezember 2020 abgesetzt – zusammen mit seiner neuen Gemahlin. Ein ehemaliger Geschäftspartner sagt zu work: «Wir waren völlig überrascht, denn Daniel verschwand Hals über Kopf. Und je länger sein Aufenthalt dauerte, desto skeptischer wurden wir.» Im Januar ging dem Bächtold-Partner schliesslich ein Licht auf. Denn jetzt hatte die St. Galler Steuerbehörde gegen Teile des Firmenimperiums Anzeige erstattet. Hatte Bächtold den Braten gerochen und vorzeitig die Flucht ergriffen? Das vermutet der Ex-Geschäftspartner. Er sagt: «Wenn ich ihn am Telefon hatte, sprach er nie Klartext. Er hatte Angst, abgehört zu werden.»
GROSSRAZZIA IM THURGAU
Mittlerweile war es Mitte März, und in der Schweiz platzte der Prozess gegen work. Bächtold hatte «Persönlichkeitsverletzung» geltend gemacht, war aber nicht aufgekreuzt. Verständlich, denn die Justiz war ihm dicht auf den Fersen. Ende März folgte eine grossangelegte Polizeirazzia. Im Visier: die Schweizer Rendite-Immobilien AG, die Muttergesellschaft in Bächtolds Wirkungskreis. 20 Beamtinnen und Beamte durchsuchten deren Büros in Egnach TG.
Wie sehr das Bächtold kümmerte, ist allerdings ungewiss. Denn just in jener Zeit liess er auf den Malediven die Seele baumeln. Erst nach zwei Wochen Strandferien ging’s am 2. April zurück nach Kiew. Dort klickten noch am Flughafen die Handschellen (work berichtete rebrand.ly/ukraineknast).
Unterdessen ist bekannt, warum: Mutmasslicher Betrug von Covid-19-Krediten in der Höhe von fast 1,5 Millionen Franken. Ausserdem mutmassliche Konkurs-, Vermögens- und Urkundendelikte. Das machte das «St. Galler Tagblatt» publik und berief sich auf die St. Galler Staatsanwaltschaft. Es gilt die Unschuldsvermutung. Daniel Bächtold war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Zu den Covid-Krediten sagt ein ehemaliger Kadermitarbeiter des Konglomerats über eine von mehreren Firmen: «Wir haben problemlos knapp eine halbe Million Franken Covid-19-Kredite erhalten, doch der Grossteil davon ist auf ominöse Weise verschwunden.» Die gesamte Deliktsumme von 1,5 Millionen Franken erscheint allerdings fast harmlos gegenüber dem Total der Geldforderungen an Daniel Bächtold: 107’797’133 Franken! So zumindest war der Stand gemäss Betreibungsregister Ende Mai, als das St. Galler Konkursamt den Privatkonkurs über Bächtold eröffnete.
BÄCHTOLD-SAGA GEHT WEITER
Wann aber die Ukraine den Immohai der Schweiz aushändigt und ob überhaupt, steht in den Sternen. Das Bundesamt für Justiz schreibt auf Anfrage: «Einen Entscheid der Ukraine haben wir bisher nicht erhalten. Generell können Entscheide dieser Art mehrere Monate in Anspruch nehmen.» Aus informierten Kreisen heisst es derweil, Bächtold habe längst erleichterte Haftbedingungen erwirkt, inklusive grosszügigen Besuchsrechts. Ausserdem verfüge er mittlerweile sogar über digitale Kommunikationswege nach ausserhalb der Gefängnismauern. Die Bächtold-Saga ist also nicht zu Ende. Noch nicht.