Österreich: Grösste Gewerkschaft fordert Millionärssteuer

Superreiche sollen zahlen

Johannes Supe

50 Milliarden Euro kostet die Pandemie den österreichischen Staat. Höchste Zeit, dass jetzt auch Millionärinnen und Millionäre ihren Beitrag an die Krise leisten, sagen die Gewerkschaften.

STEUERLAST: Gewerkschaftsaktion vor dem Kanzleramt in Wien. (Foto: Keystone)

Wer zahlt eigentlich die Kosten der Pandemie? Noch federt der Staat die Auswirkungen der Krise ab. Mit Milliardenbeträgen. Doch wie lange kann er das noch tun? Gedanken dazu macht sich die österreichische GPA (früher: Gewerkschaft der Privatangestellten). Und legt einen ­detaillierten Plan vor, wie Krisengewinnler und Superreiche zur Kasse gebeten werden können.

GPA-Mann Christoph Sykora sagt zu work: «Es ist völlig klar: Jetzt müssen die Millionäre und Milliardäre endlich einen Beitrag leisten. Ihre extremen Vermögen sind bisher kaum oder gar nicht angetastet worden.» Entsprechend verlangt die Gewerkschaft die Einführung einer gestaffelten Millionärssteuer: Ab einem Vermögen von einer Million Euro werde eine Steuer von 0,5 Prozent fällig. Wer zwei Millionen besitzt, soll mit einem Steuerprozent belegt werden; jene Multimillionäre mit noch grösserem Vermögen schliesslich mit 1,5 Prozent.

Getroffen würden zielgenau nur die Besitzenden, dennoch kämen jährliche Steuereinnahmen von gut 5 Milliarden Euro zustande. Geld, das nun für die Bewältigung der Krise und später für einen ökosozialen Umbau genutzt werden könne, so Sykora.

Drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher sind für eine
Millionärssteuer.

MILLIONÄRE WURDEN GESCHONT

Tatsächlich ist die Lage in Österreich (mit seinen 8,9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern der Schweiz nicht unähnlich) derzeit drastisch: Mehr als 50 Milliarden Euro an Hilfen, Subventionen und Krediten hat der österreichische Staat bereits ausgegeben oder für die kommenden zwei Jahre budgetiert, hält der ÖGB, der Österreichische Gewerkschaftsbund, fest. Für die grösste österreichische Gewerkschaft GPA war das der Grund, genauer hinzusehen:

60 Prozent der Staatshilfen landen bei den ­Unternehmen, nur etwa ein Drittel der Gelder kommt direkt den Beschäftigten zugute. Bezahlen aber müssen die Pandemiekosten bislang die Arbeitnehmenden, denn sie tragen den erdrückenden Teil des Steueraufkommens.

Ein Zufall ist diese Verteilung nicht. 1993 hob die österreichische Regierung die bis dahin bestehende Vermögenssteuer auf. 2007 entfiel zudem die Erbschaftssteuer. Seitdem müssen sich Multimillionäre kaum noch an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen. In beiden Fällen waren es übrigens sozialdemokratisch geführte Regierungen, die die Reichen «entlasteten», nachdem ihre konservativen Koalitionspartner darauf drängten (siehe 1×1 Seite 16).

Heute sehen sich die Gewerkschaften einer konservativ-grünen Regierung gegenüber. Und stossen erneut auf erbitterten Widerstand. Gewerkschafter Sykora sagt: «Die konservative ÖVP hat ihren Wahlkampf zum Grossteil durch Spenden von Industriellen finanziert. Denen scheint sie sich nun verpflichtet zu fühlen.» Österreichs Grüne hingegen seien grundsätzlich für eine Vermögenssteuer. «Doch sie sagen, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für ihre Einführung sei», so Sykora.

Entsprechend baut die GPA nun systematisch Druck auf. Anfang März fand eine erste ­Aktionswoche statt, demonstriert wurde unter anderem vor dem Wiener Kanzleramt. Auf Sympathie in der Bevölkerung kann sie dabei bauen: Kürzlich hat eine repräsentative Umfrage der GPA ergeben, dass drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher die Einführung einer Millionärssteuer unterstützen würden.

Erfolg hatten die österreichischen Gewerkschaften schon einmal. 2014 führte der ÖGB eine grossangelegte Kampagne zur Änderung der Lohnsteuer durch. Beschäftigte sollten endlich weniger stark belastet werden. Tausende gingen für das Anliegen auf die Strasse, fast 900’000 Menschen gaben ihre Unterschrift für eine Petition. Schliesslich wurde der Druck auf die Regierung so gross, dass sie eine Reform im Sinne des ÖGB beschloss.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.