Claudia Dutoit braut es. Aber:

Gleiche Löhne sind auch dein Bier

Sabine Reber

Ohne Muckis kein Bier – das weiss keine besser als Claudia Dutoit, die in der Westschweizer Brauerei La Nébuleuse das neue Lohngleichheitsbier der Gewerkschaften verpackt.

CLAUDIA DUTOIT: «In meinem Job muss man topfit sein. Ohne Muckis geht hier gar nichts!» (Foto: Valentin Flauraud)

Immer noch verdienen die Frauen knapp 20 Prozent weniger, nur weil sie Frauen sind. Das macht im Durchschnitt 3 Franken pro Stunde, 590 Franken pro Monat, 7000 Franken im Jahr oder 303 000 Franken in einem ganzen Arbeitsleben. Das zeigen neue Berechnungen, welche die Expertinnen des Berner Büros Bass exklusiv für work gemacht haben (siehe Spalte links). Die Firmen profitieren direkt vom Lohnklau an den Frauen. Und das 37 Jahre nach Inkrafttreten des Gleichstellungsartikels. Um das zu verkraften, brauchen wir erst mal ein Bier. Das sonnige Pale Ale schmeckt angenehm würzig und wirkt mit seinem üppigen Schaum sommerlich keck und erfrischend fruchtig, mit kräftigen Nuancen von ­Zitrusfrüchten. Lanciert wurde es am 14. Juni vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).

AUSGEFALLENE SPEZIALITÄTEN

Und wie steht es mit den Frauen in der Bierbrauerei? work hat bei La Nébuleuse in Renens VD vorbeigeschaut. Ganze 4000 Liter Gleichstellungsbier hat die Brauerei hergestellt. In einem alten Fabrikkomplex, in dem sich diverse Westschweizer Start-up-Firmen eingemietet haben, stehen in einer grossen Halle die Biertanks von La Nébuleuse. Es riecht nach vergorener Hefe, nach ­Alkohol und süssen Röstaromen. Die kleine Westschweizer Brauerei ist bekannt für ihre ausgefallenen, ja experimentellen Bierspezialitäten. Hinter einem Stapel Bierkartons treffen wir die gelernte Lebensmitteltechnologin Claudia Dutoit (29), die seit einem Jahr als Packerin bei La Nébuleuse arbeitet. Sie hat eine Figur wie Lara Croft und erzählt auch gleich, wie viel Sport sie treibe, «Velo, Fitness, aber vor allem viel Krafttraining! In meinem Job muss man topfit sein. Ohne Muckis geht hier gar nichts!»

MEIN BIER, DEIN BIER: Zum Bier gehören passende Bierdeckel. (Foto: ZVG)

6000 Hektoliter Bier produzieren die Kultbrauer jedes Jahr. Die Flaschen, Büchsen und Fässer werden von der jungen Frau kritisch begutachtet, bevor sie sie einpackt und auf die Stapel beigt. Aber Dutoit packt nicht nur ein, mitunter hilft sie auch beim Bierbrauen, wenn gerade noch zwei kräftige Hände mehr gebraucht werden. Sie erzählt: «Das ist wirklich cool in so einem kleinen Team, wir helfen einander immer aus, und alle wissen ein bisschen über alles Bescheid.» Bevor sie zu La Nébuleuse kam, hat sie als Packerin in einem Grosskonzern in der Westschweiz gearbeitet, auch dort war sie die einzige Frau weit und breit. Sie sagt: «Ich bin schon als Kind immer mit den Jungs draussen herumgerannt, und es ist für mich völlig normal, inmitten von Männern zu arbeiten. Ich kenne nichts anderes.»

MEHR VIELFALT DANK FRAUEN

La Nébuleuse ist eine der wenigen Brauereien, bei denen überhaupt Frauen im Team mitarbeiten. Geschäftsführer Arthur ­Viaud (29) hat die Brauerei mit dem Zeppelin im Logo vor fünf Jahren zusammen mit zwei Jugendfreunden gegründet. Er sagt: «Die Welt der Bierbrauerei ist eine klassische Männerwelt. Wir suchen bei offenen Stellen jeweils aktiv nach geeigneten, gut ausgebildeten Frauen, aber das ist gar nicht so einfach.»

Derzeit beschäftigt La Nébuleuse 3 Frauen und 16 Männer. Die Hierarchien seien so flach wie möglich und die Lohnunterschiede von Job zu Job nicht gross. Die Lohngleichheit sei ihm ein wichtiges Anliegen. Darum habe er sofort zugesagt, ein Gleichstellungsbier für die Gewerkschaften zu entwickeln, «eine super Sache!» Und er fügt an: «Wir hätten gern mehr Frauen im Team, das ist gut für die Vielfalt.»

Dieses Bier schmeckt würzig und sommerlich keck.

KEIN FRAUENBIER

Insbesondere bei der Entwicklung von neuen Sorten sei es wichtig, die Meinung der potentiellen Kundinnen zu hören. Manche Grossbrauereien hätten da einen recht sexistischen Ansatz, sagt Viaud: «Dass sie bei sogenannten Frauenbieren einfach noch Zucker zugeben, das ist doch respektlos!» Bei La Nébuleuse gibt’s so was nicht, denn, so Viaud, «wir brauen ehrliches, sauberes Bier für alle Geschlechter». Das Gleichstellungsbier jedoch schmeckt auch recht fruchtig. Darauf angesprochen, erklärt Viaud: «Wir haben unser beliebtes Pale Ale kalt aufgehopft, damit es fruchtiger schmeckt. Aber Fruchtig ist keinesfalls mit Süss zu verwechseln! Wir mischen garantiert keinen Zucker bei.» Na, Prost dann, auf die baldige Lohngleichheit!


Hoch die Humpen und Handys Gratis-Bierdeckel und Wettbewerb

So macht der Kampf für die Lohngleichheit doppelt Spass: Auf der Kampagnen-Website www.auch-dein-bier.ch gibt’s ­gratis Bierdeckel mit dem Logo «Lohngleichheit ist auch dein Bier» zu bestellen. Auf der Rückseite jedes Bierdeckels steht ein Aufruf an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, sich nun endlich mit obligatorischen Kontrollen und Sanktionen für die Lohngleichheit einzusetzen. Schicken Sie den Bierdeckel an den Schweizerischen Gewerkschaftsbund, und dieser wird Ihren Aufruf weiterleiten.

Und auf Facebook gibt’s gleichzeitig einen Wettbewerb. Machen Sie allein oder mit Freundinnen und Freunden ein Foto, auf dem das Motto «Lohngleichheit ist auch dein Bier» gut zu erkennen ist. Zum Beispiel mit dem Gleichstellungsbier oder mit den Bierdeckeln oder mit einer eigenen Idee. Teilen Sie das Foto auf der Facebook-Seite fb.me/auch.dein.bier, und Sie nehmen automatisch an der Verlosung der Preise teil. Zu gewinnen gibt es einen Besuch in der Brauerei La Nébuleuse für fünf Personen einschliesslich Degustation, Apéro und Anreise als ersten Preis. Der zweite Preis ist ein Bierbrau-Set. Als dritter Preis winkt eine Kiste Lohngleichheitsbier. Je ein schickes Lohngleichheits-Portemonnaie können Sie für die Plätze 4 bis 100 gewinnen. Also hoch die Tassen und die Handykameras, und viel Glück!

In diesen Bars gibts das Gleichstellungsbier: goo.gl/gNBjGz


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