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Isabella Mitrucci: «Die Chinesen flicken wirklich fast alles»

Christian Egg

Sie hat nur mit kaputten Sachen zu tun. Trotzdem mag Isabella Mitrucci ihre Arbeit.

Beim Onlinehändler Brack.ch kümmert sich Isabella Mitrucci (39) um zurückgeschickte Geräte. (Fotos: Michael Schoch)

Festplatten, Kaffeemaschinen, ferngesteuerte Autos: Was Isabella Mitrucci in die Finger nimmt, ist kaputt. Die Kundinnen und Kunden haben es zurückgeschickt, weil es während der Garantiefrist den Geist aufgab. Oder gar nie funktionierte. Mitrucci: «Mein Job ist es, die Geräte an die Hersteller weiterzuleiten.»

Ihr Arbeitgeber ist Brack.ch, einer der grössten Onlinehändler in der Schweiz. Elektronik macht den Hauptteil des Sortiments aus, es gibt aber auch Kinderkleider, Gartenmöbel und Sportartikel. Rund 500 Angestellte hat das Unternehmen, 350 von ihnen arbeiten am Hauptsitz im aargauischen Mägenwil, wo auch Isabella ­Mitrucci ihren Arbeitsort hat.

TEURE PAKETE. Zwischen 60 und 100 Retoursendungen bearbeitet sie pro Tag. Brack hat mehrere Hundert verschiedene Lieferanten. Bei einigen kann sie die Ware an eine Schweizer Vertretung senden, bei anderen direkt in die Werke nach Deutschland, Belgien, Grossbritannien und China. Wobei sie nicht wegen jedes USB-Sticks ein separates Päckli macht. Denn: «Ein Paket nach China kostet rasch einmal 400 bis 500 Franken.»

In der Regel reparierten die Hersteller die defekten Geräte, sagt Mitrucci. Vorbildlich seien die chinesischen Firmen: «Die flicken wirklich fast alles! Das hat mich am Anfang überrascht.» Allerdings dauere es, bis ein Gerät aus China zurückkomme, bis zu drei Monate. In solchen Fällen bekomme der Kunde von Brack ein neues Gerät, damit er nicht so lange warten müsse. «Schliesslich wollen wir zufriedene Kundschaft», sagt Mitrucci, ganz Dienstleisterin. Das reparierte Gerät verkaufe Brack später günstiger, als «Börsenartikel».

MÄGENWIL RETOUR: Am Brack-Hauptsitz im Aargau kümmert sich Isabelle Mitrucci um Retouren von fern­gesteuerten Autos bis zu defekten Festplatten.

KAPUTTE HANDYS. Direkten Kontakt mit den Kundinnen und Kunden hat sie eher selten, «im Schnitt vielleicht einmal pro Tag». Der Klassiker sei ein fallen gelassenes Handy mit einem Sprung im Display: Das decke die Garantie nicht ab. Meist teilt ­Mitrucci dann der Kundin per Mail mit, dass sie für den Schaden selber aufkommen müsse. Da könne es schon vorkommen, dass jemand hässig anrufe. Mitrucci: «Dann muss ich cool und freundlich bleiben.» Was ihr meist auch gelinge: Nicht selten entschuldigten sich die Leute am Schluss des Gesprächs für ihren anfangs rüden Ton. «Das finde ich richtig rührend», sagt sie.
Trotzdem ist sie froh, dass sie nicht mehr den ganzen Tag das Telefon abnehmen muss. «Das tat ich am Anfang sechs Jahre lang. Heute hätte ich wohl die Nerven nicht mehr dafür», sagt die 39jährige. Seit 17 Jahren macht sie jetzt den Job. Zuerst beim Elektronik-Grosshändler COS Distribution, 2006 wurde der von Brack aufgekauft. Für die Angestellten sei das schwierig gewesen, erinnert sich Mitrucci: «Der Lohn war tiefer als vorher, und viele hatten Angst vor der Zukunft.» Vor allem aber gab es bei der alten Firma einen 13. Monatslohn, bei Brack noch nicht. Doch gegen ­diesen Rückschritt wehrte sich die Belegschaft – mit Erfolg: Schon nach kurzer Zeit lenkte Brack ein. Seither zahlt auch Brack den Angestellten den Dreizehnten.

SEIT DER LEHRE. Auch sonst seien die Bedingungen gut: Für ihr 100-Prozent-Pensum arbeitet sie 42 Stunden pro Woche, aber mit Gleitzeit, «das ist super: Wenn ich mal einen Termin habe, informiere ich meine Kolleginnen und Kollegen und kann ohne Probleme schon um vier gehen.» Zudem schätze sie, dass ihr Chef immer ein offenes Ohr für Vorschläge habe: «Er hört mir zu, und vieles davon setzt er auch um.»

Gewerkschafterin ist sie seit der Lehre. Zuerst beim Smuv, heute bei der Unia. Sie nimmt auch immer wieder an Demos teil, etwa in Bern. Auch ihrem Bruder Raffaele zuliebe, der in Olten das Unia-Büro leitet. «Ich hoffe, ich werde die Gewerkschaft nie brauchen», sagt sie und schiebt gleich nach: «Holz anlangen!» Aber es sei beruhigend, eine «Rückendeckung» zu haben für den Fall, dass es Probleme gebe mit dem Arbeitgeber.

Dann wendet sie sich zwei defekten Festplatten zu. Man müsse schon ein gewisses Flair haben für die Technik, um hier zu arbeiten, sagt sie. «Aber das heisst nicht, dass ich zu Hause immer das Neueste haben muss», sagt sie. «So weit geht es dann doch nicht.»


Isabella Mitrucci: Stolze Italienerin

Die Lehre machte Isabella Mitrucci (* 1978) als Verkäuferin bei Coop. Danach war sie zuerst arbeitslos, fand dann eine Temporärarbeit in einer Guetslifabrik. Es folgten Stellen an einer Tankstelle und im Aussendienst einer Kosmetikfirma, bis sie 2000 ihren jetzigen Job annahm.

AUSWÄRTS. Die Singlefrau geht gerne mit Freundinnen auswärts essen, am liebsten mexikanisch «oder natürlich italienisch». In Italien ist sie geboren, kam aber schon mit 18 Monaten in die Schweiz. Obwohl sie hier aufgewachsen ist, will sie sich, zumindest im Moment, nicht einbürgern lassen. «Ich bin stolze Italienerin», sagt sie, «das stimmt so für mich.»

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