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100 Jahre Kommunistische Partei Schweiz: Verfolgt und dann verboten

Johannes Supe

Im März 1921 wurde die Kommunistische Partei der Schweiz gegründet. Ihre Stärke blieb gering. Doch ihre Gegner reizte die kleine Partei bis zum Äussersten.

SCHWEIZER STERN: Monatsmarken der Kommunistischen Partei Schweiz, 1928. (Foto: Sozialarchiv)

Es geschah in Zürich, nur wenige Meter von jenem Haus entfernt, in dem einst Lenin gelebt hatte. Am 5. und 6. März 1921 wird im Restaurant Eintracht die Kommunistische Partei der Schweiz gegründet. 173 Delegierte kommen zusammen. Sie wählen den Basler Franz Welti zu ihrem Vorsitzenden und einen Vorstand, in dem viele ehemalige Sozialdemokraten Platz finden. Es entsteht eine Partei, die es sich zur Aufgabe macht, den Kapitalismus mit allen Mitteln zu zerschlagen. «Selbst mit den Waffen in der Hand», wie es die Kommunisten ein Jahr später in ihr Programm schreiben.

Durch den Ersten Weltkrieg wurde die Schweizer Sozialdemokratie erschüttert. Noch 1912 hatte sie auf einem Friedenskongress in Basel festgehalten, bei Ausbruch des Konflikts «die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche Krise zur Aufrüttelung des Volkes auszunutzen und dadurch die Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft zu beschleunigen». Stattdessen stützte die SPS die Regierung. Für viele Genossinnen und Genossen ein Schock. Ein zweites Beben ging vom Landesstreik 1918 aus, der nach vier Tagen abgebrochen wurde. Für viele zu früh, manche Linke witterte Verrat.

Polizeiaktionen gegen die KPS waren an der Tagesordnung.

EINZIGE OPPOSITION

Doch zur Spaltung kam es erst, als sich die SP entschied, nicht in Lenins «Dritte Internationale», jenen Verbund revolutionär gesinnter Arbeiterparteien (siehe Seite 15), einzutreten. Viele Linke erkannten «ihre SP» nicht mehr wieder. Rund 6000 Mitglieder traten in der Folge aus und vereinigten sich mit den wenigen «Altkommunisten», die sich schon Jahre zuvor von der SP getrennt hatten, zur Kommunistischen Partei Schweiz (KPS).

In vielen Fragen bleiben die Kommunisten die einzige Opposition im Land. Sie ermuntern Arbeiterinnen und Arbeiter zum Streik, teils auch nur für wenige Rappen mehr Lohn. So etwa beim Streik der Zürcher Heizungsmonteure 1932. Als später der Zweite Weltkrieg droht, verweigern sie als einzige Partei Aufrüstungskredite. Zwar unterstütze man den Kampf gegen die Faschisten. Doch «dieser Regierung, die die militärischen Rüstungen nicht unzweideutig gegen die faschistischen Bedroher richtet», bewillige man keine Kredite.

Ihre Haltung bringt ihnen den erbitterten Hass der Bürgerlichen ein. Polizeiaktionen gegen die Partei sind an der Tagesordnung, die ­Überwachung allgegenwärtig. 1937 kommt es in Neuenburg gar zum Verbot, andere Kantone ziehen nach. Ende November 1940 beschliesst der Bundesrat, die Partei in der ganzen Schweiz zu verbieten.

Der Entscheid traf eine ohnehin geschwächte Organisation, die weitgehend nur in der Deutschschweiz funktionsfähig war. Auch war die Partei den Sozialdemokraten und den von ihnen dominierten Gewerkschaften verhasst, denen die KPS Halbheiten vorwarf. So wurde 1927 eine ganze Basler Gliederung des Gewerkschaftsbunds ausgeschlossen, in der die KPS-Genossinnen und -Genossen die Mehrheit hatten. Wie weit die Ausschlusswut ging, zeigt eine Anekdote aus Olten. Hier organisierte der weitgehend isolierte Kommunist Otto Moning 1936 eine Informationsveranstaltung für Erwerbslose. Die Folge waren wütende Artikel in den Gewerkschaftszeitungen, eine Erklärung des Smuv-Präsidenten Konrad Ilg, dass der Kommunist rausgeworfen werden müsse, sowie schliesslich Monings Ausschluss aus der Gewerkschaft.

Nach ihrem Verbot agitierte die KPS für eine Volksrente.

DER ANTIKOMMUNISMUS BLEIBT

Nach ihrem Verbot arbeitete die KPS im Untergrund weiter, agitierte unter anderem für eine Volksrente. Erst 1945, mit der Gründung der Partei der Arbeit (PdA), konnten die Kommunistinnen und Kommunisten wieder in die Legalität wechseln. Der Antikommunismus blieb allerdings bestehen – auch innerhalb der SP. Deren Basler Sektion forderte 1952 etwa den Ausschluss sämtlicher «Söldner Stalins» aus den kantonalen Behörden. Dies mit der Begründung, dass die PdA «eine Kolonne feindlicher Söldner in unserem Land» sei und es «im besonderen die Aufgabe der Sozialdemokratie» wäre, gegen diese vorzugehen. Auf Bundesebene war eine ähnliche Bestimmung bereits Realität.

Ihren Höhepunkt erreichte die Hysterie 1956/57 nach dem Aufstand im sozialistischen Ungarn. Als zu dieser Zeit eine Jugenddelegation der Kommunistinnen und Kommunisten in die Schweiz heimkehrte, wurde sie am Zürcher Bahnhof Enge von einem aufgebrachten Mob erwartet und verprügelt. Wie verheerend die Hetze war, zeigte sich erst in der Fichen­affäre 1989. Die Schweizer Behörden hatten die Stimmung ausgenutzt, um rund 800’000 Fichen anzulegen.


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3 Kommentare

  1. Adrian Zimmermann

    Der erste Satz muss selbstverständlich mit „Dieser Artikel…“ beginnen.

  2. Adrian Zimmermann

    Dieser stellt die folgenschwere Spaltung der sozialistischen Arbeiterbewegung in einem für die Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS) viel zu günstigen Licht dar. Er enthält zudem mehrfach falsche und verzerrte Darstellungen historischer Ereignisse.
    Besonders stossend ist dabei, dass die schweren Verletzungen der Menschen- und Gewerkschaftsrechte in den «kommunistisch» regierten Ländern mit keinem Wort erwähnt werden. So wurde etwa der wohl berühmteste Mitbegründer der KPS, Fritz Platten, 1942 in einem vom Stalins berüchtigten Straflagern ohne Gerichtsurteil erschossen. Auch zum opportunistischen, im August 1939 abgeschlossenen und bis zum faschistischen Überfall auf die Sowjetunion im Juli 1941 zwischen Stalin und Hitler bestehenden Nichtangriffspakt schweigt der Autor. Ohne das Wissen über diesen Pakt ist aber nicht zu verstehen, warum und wie es Ende 1940 zum – gewiss aus rechtsstaatlicher Sicht sehr fragwürdigen – Verbot der KPS durch den Bundesrat kommen konnte.
    Seinem durchaus berechtigten Anliegen, die Repression gegen KPS- und PdA-Mitgliedern und die bisweilen auch auf sozialdemokratisch-gewerkschaftlicher Seite exzessiven Methoden im tragischen Bruderkampf zwischen den nach der Spaltung noch lange verfeindeten beiden Hauptrichtungen der sozialistischen Arbeiterbewegung anzuprangern, erweist der Verfasser mit seinen Fehlern und Auslassungen leider einen schlechten Dienst.
    Gerne hätte ich – als ein auf die Geschichte der Arbeiterbewegung spezialisierter und selbst nun schon ein Vierteljahrhundert gewerkschaftlich organisierter Historiker – in der Rubrik «Work Wissen» ausführlich auf den Artikel geantwortet. Die Chefredaktorin verweigerte mir ohne Angabe einer inhaltlichen Begründung diese Möglichkeit und verwies mich auf die Leserbriefspalte. Ausführlicher mit Johannes Supes Artikel und vor allem den von ihm aufgeworfenen, für das Verständnis der Geschichte der Arbeiterbewegung zentralen, Fragestellungen werde ich mich in einer dreiteiligen Artikelserie im «VPOD-Magazin» auseinandersetzen.

    Adrian Zimmermann, Historiker, Mitglied Unia (bzw. vorher GBI- und SMUV) seit 1993, Delémont

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